Im Jahre des Herrn 1925 wandten sich mehrere fromme Jungfrauen, von Liebe zu Gott und dem Nächsten beseelt, an uns in der Absicht, durch ein beschauliches Leben Gott zu dienen sowie den mit Schwierigkeiten ringenden christlichen Familien unserer Zeit durch Einsatz ihrer persönlichen Kräfte hilfreich zur Hand zu gehen.
So beginnt das Gründungsdekret unserer Gemeinschaft, das der Bischof von Osnabrück, Dr. Wilhelm Berning, am 7. Januar 1934, am Fest der Hl. Familie, ausgestellt hat.
Unsere Gründerinnen, Elisabeth Düster und Dr. Elisabeth Müller hatten bereits Erfahrungen in der Familienpflege in der Stadt Essen gemacht. Nach dem ersten Weltkrieg waren viele Familien in großer Not. Hier tatkräftig zu helfen war ihr innerstes Anliegen. Diesen Dienst, zu dem sie sich von Christus gedrängt fühlten, wollten sie mit einem gemeinschaftlichen Leben nach den evangelischen Räten verbinden. In Essen war ihnen das verwehrt worden.
Es galt damals als unvereinbar mit dem Ordensleben, dass eine Schwester die Klausur verließ und außerhalb arbeitete. Die Schwestern gingen oft wochenlang ganztägig in die Wohnungen von meist armen Familien, um kranke Mütter zu pflegen und deren Haushalt zu führen. Bischof Dr. Wilhelm Berning hingegen ließ sich auf diesen Neuanfang ein. Er nahm die Schwestern unter seinen Schutz, stellte ihnen ein Haus zur Verfügung und konnte auch die Zulassung aus Rom zu ihrer Gründung erlangen.
Mutter M. Elisabeth, geb. Elisabeth Düster, wird am 29.3.1887 in Krefeld als fünftes von zehn Kindern geboren. Drei der jüngeren Geschwister sind bereits gestorben. Nach sieben Schuljahren macht sie eine Ausbildung zur Schneiderin. Sie arbeitet zunächst selbständig zuhause, später als Direktrice bei einer Firma in Düsseldorf. Sie wird Mitglied der Herz-Jesu-Kongregation und nimmt täglich an der Eucharistiefeier teil. Ihr Leben vollzieht sich in der Familie, der Kirche und der Berufsarbeit. Zeitlebens bleibt sie ihrer eigenen Familie sehr verbunden und sorgt für ihre Geschwister. Allmählich wächst in ihr der Wunsch, Ordensfrau zu werden. In ihrem Rückblick "Mein Lebensweg" schreibt sie: "Mit meinem Dienst an der Familie, geht es, so glaube ich, um die Voraussetzung zur Berufung des Dienstes an der Gottesfamilie überhaupt."
Sie tritt bei den Ursulinen in Wert (Niederlande) ein. Schon bald wird sie immer unruhiger. Sie erkennt, dass dies nicht ihr Weg ist. Wieder arbeitet sie als Schneiderin, diesmal in Essen. Dort erlebt sie den ersten Weltkrieg. Sie tritt in dieser Zeit in den dritten Orden des hl. Franziskus ein. Ihr damaliger Beichtvater, ein Franziskanerpater, bemüht sich 1918 um den Aufbau der Familienpflege in Essen und bittet sie, die Leitung zu übernehmen. Sie hat keinerlei Erfahrung mit der karitativen Arbeit und benötigt einige Wochen Bedenkzeit. Am 1.11.1918 übernimmt sie dann diese neue Aufgabe. Mit fünf jungen Frauen bildet sie eine kleine Gemeinschaft. In ihrem Rückblick schreibt sie:
Wer aber dachte daran, dass hier der Grund gelegt wurde zu einer neuen Ordensgemeinschaft (Franziskusschwestern der Familienpflege in Essen), aus der eine zweite hervorgehen sollte. ... Was war das doch für eine Begeisterung in dieser ersten Zeit des Anfangs. Das kann man nur einmal erleben, so unbesorgt in die Zukunft zu gehen, beseelt von der Liebe zu dem Ideal des begonnenen Werkes. Wer dachte dabei an Wagnis?!
Trotz der Erfüllung einer sinnvollen Aufgabe in Essen bleibt der Wunsch bestehen, ein Leben in Gelübden zu führen. Letztlich führt dies zum Bruch mit der Gemeinschaft in Essen. Wie schon nach ihrem Versuch in Wert muss sie lernen loszulassen. 1925 beginnt sie in Osnabrück von Neuem und setzt ihre Kraft ein für den Aufbau der Familienpflege und die Gründung der "Genossenschaft Unserer Lieben Frau vom heiligsten Herzen Jesu". Aus den bisherigen Erfahrungen erwächst ihr Leitwort: "Herr, was frage ich nach mir; ich frage nur noch nach dir" (Hl Teresa von Avila).
Nach der kirchlichen Anerkennung der Gemeinschaft 1934 wird sie die erste Oberin. Von 1952 bis 1964 ist sie Vikarin. Die letzten Lebensjahre verbringt sie in Osnabrück, wo sie am 27. April 1973 verstirbt.
Schwester M. Stephana, geb. Elisabeth Müller, wird am 10. April 1893 in Düsseldorf geboren. Sie hat vier Geschwister, von denen eins früh stirbt. Auch der Vater stirbt früh; 1907 erliegt er einem Krebsleiden. Das ist ein dunkler Schatten in einer sonst frohen Kindheit. Sie besucht die Schule bis zur Reifeprüfung 1912 und legt 1913 die Lehramtsprüfung ab. Während ihrer mehrjährigen Lehrtätigkeit an verschiedenen konfessionellen Volksschulen lernt sie privat Latein und Griechisch. Das Jahr 1914 ist geprägt vom Tod der Mutter und dem Beginn des ersten Weltkrieges. Im Frühjahr 1915 fällt der Bruder. Sie hat nun die Verantwortung für ihre beiden jüngeren Schwestern. Sie ist wie erstarrt und gerät in eine schwere Glaubenskrise. Daraus geht sie gereift hervor. Sie lernt hier, wie sie in ihrer Lebenserinnerung schreibt, "dass Gott aus Liebe Schwerstes auferlegen kann, so wie der Heiland es seiner Mutter auferlegt hat." 1917 legt sie in Köln die humanistische Nachprüfung ab und kann nun studieren. Sie beginnt mit einigen Semestern Philologie, wählt dann aber das Studium der Nationalökonomie, weil es sie in die Sozialarbeit drängt. Zusätzlich belegt sie Philosophie. Nach ihrem Studium an den Universitäten Münster und Bonn promoviert sie 28. Juli 1920 zum Doktor phil. Bis August 1921 arbeitet sie als Assistentin an der Wohlfahrtsschule in Münster. Sie erinnert sich später:
Ich unterrichtete, wobei ich guten Kontakt mit den Schülerinnen fand, seltsamerweise fühlte ich mich aber innerlich nicht zufrieden. Ich wollte gern Christus noch mehr dienen als durch Vorbereitung auf gut bezahlte Berufe. Und ganz unerwartet kam die Wende. Gott griff selbst ein.
Ein Kapuzinerpater kommt in die Schule und informiert die Lehrkräfte über die Familienpflege des dritten Ordens. Er hofft, Schülerinnen dafür gewinnen zu können. Sie fühlt sich selbst herausgefordert: "Wäre das nicht etwas für dich? Christus zu den Menschen tragen durch Hausarbeit und Krankenpflege in den Familien? Könntest Du nicht auch dieser Sache irgendwie dienen, durch Unterricht, Behördenverkehr etc?" Sie entschließt sich, ihr Leben Gott zu weihen und tritt am 3. Oktober 1921 in die Familienpflege in Essen ein. Dort wird sie bald Stellvertreterin von Mutter M. Elisabeth. Wie diese fühlt sie sich gedrängt zum Ordensleben. Mit ihr zusammen muss sie diese Gemeinschaft verlassen und trägt den Neubeginn in Osnabrück mit. Auch hier steht sie als Vikarin Mutter M. Elisabeth zur Seite. Von 1952 - 1964 ist sie dann selbst Oberin der neuen Gemeinschaft. Sie ist maßgeblich zuständig für die Ausbildung der jungen Schwestern und prägt so entscheidend den Geist der Gemeinschaft. Ihre letzten Lebensjahre verbringt sie im neu gebauten Mutterhaus in Belm, wo sie am 8. Mai 1979 stirbt.